Das Ende eines Jahres voller Erlebnisse und Erfahrungen

Die Entscheidung, für ein Jahr in einem anderen Land mit einer fremden Kultur und fremden Menschen zu leben, habe ich spontan aber sehr entschlossen getroffen. Mir wurde häufiger gesagt, dieses Jahr gehe schnell vorbei, wirklich geglaubt habe ich es am Anfang jedoch nicht. Nun muss ich feststellen, dass ich in fast keinem meiner bisher 20 Lebensjahre so viele Erfahrungen gemacht habe, wie in diesem Jahr, das mir vorkam, als wären es nur einige Wochen gewesen. Ich habe an keinem einzigen Tag bereut, diesen Schritt gewagt zu haben und es kann auch nur jeder, der dieselbe Erfahrung gemacht hat, verstehen, wie unglaublich wertvoll der internationale Freiwilligendienst für den Freiwilligen selbst ist.

In den letzten vier Monaten in meiner Einsatzstelle Livingstone in Sambia ist noch einiges passiert und ich glaube, es waren die schönsten vier Monate des sowieso schon schönen Jahres. Die stetig wachsende Freundschaft zwischen uns vier Freiwilligen und natürlich anderen Personen vor Ort, erleichterte das Leben in unserem zweiten Zuhause und die Arbeit in den Projekten, die dadurch nochmal auf Hochtouren liefen.

In den Hauptprojekten Simoonga und Tongabezi konnte ich routiniert den normalen Schulalltag angehen und mich somit um zusätzliche Dinge kümmern, wie zum Beispiel der Organisation von Sportveranstaltungen mit anderen Schulen oder Klassenausflügen. Ein Ausflug war für meine achte Klasse in Simoonga ein ganz besonderes Erlebnis: der Besuch der Krokodil-Farm in Livingstone. Simoonga liegt direkt am Sambesi und zwar noch vor den Victoria Fällen, was bedeutet, dass große Krokodile nicht selten am Ufer liegen. Am selben Ufer, an dem Wäsche gewaschen wird. Trotzdem haben viele der Kinder noch nie ein Krokodil gesehen und schon garnicht in dieser Größe. Das hängt jedoch auch damit zusammen, dass große Exemplare aus Sicherheitsgründen eingefangen werden und in der genannten Krokodil-Farm gehalten werden. Der Ausflug war somit ein tolles Erlebnis, was auch die im nachhinein geschriebenen Aufsätze der Kinder bestätigten.

An meiner zweiten Projektschule Tongabezi bzw. Tujatane war ich nur die Hälfte meines Freiwilligenjahres in Livingstone und dennoch fiel es mir fast schwerer zu gehen als in Simoonga. Ich hatte immer die volle Unterstützung und war jederzeit herzlich willkommen. Gründe dafür sind unter anderem, dass die Schule eine Charity School ist, also komplett von der gleichnamigen Lodge finanziert wird. Was ich zu Beginn nicht wusste, ist, dass zwar jeder der 275 Schüler aus dem Dorf Simoonga kommt, aber nur die begabtesten Schüler ausgewählt wurden bzw. alle Kinder der Mitarbeiter der Lodge. Dadurch sind alle Kinder noch motivierter als an den staatlichen Schulen und bringen fast immer Topleistungen. Im Sport zeigte sich das beim Turnier der Privatschulen Livingstones, als wir fünf von sechs Pokalen abräumten. Und obwohl die Schule so gut organisiert ist, konnte ich das Sportprogramm ergänzen und verbessern. Gegen Ende des letzten Schuldrittels wurde an der Schule sogar noch ein weiterer Sportbeauftragter angestellt, der mich unterstützte und sich an den Tagen meiner Abwesenheit um die Instandhaltung des Sportlagerraumes und der Sportanlage kümmerte. Die Zusammenarbeit war bis zuletzt sehr gut und ich bin mir sicher, dass auch in den nächsten Jahren Freiwillige im Sportbereich sehr willkommen sind.

Auch in meinen beiden Fußballprojekten SOS und Mukuni ist in den letzten Monaten noch einiges passiert. Nachdem Niklas und ich bis Ende der Osterferien das Training bei SOS zusammen geleitet und somit das U12 und U14 Team gemeinsam trainiert hatten, teilten wir die beiden Mannschaften in zwei Gruppen, die von dort an parallel trainiert wurden. Ich übernahm hauptsächlich die ältere Gruppe, unterstützte Niklas aber weiterhin mit den jüngeren Spielern, da er als Triathlet nicht über ausreichende Fußballkenntnisse verfügte. Vor allem für das U14 Team hatte das große Vorteile, weil sie sich komplizierteren Übungen stellen und durch das einheitliche Alter auf höherem Niveau als zuvor trainieren konnten. Auch in den Spielen gegen andere Mannschaften zeigte sich die Teilung in zwei Trainingsgruppen als vorteilhaft. Obwohl beide Teams schon das ganze Jahr über während der Spiele getrennt auftraten, konnte die individuelle Leistung beider Mannschaften gesteigert werden und die Erfolgsquote stieg an.

Unsere Arbeit im SOS-Kinderdorf wurde ähnlich wie bei Tongabezi stets von den Verantwortlichen wertgeschätzt und wir konnten uns immer auf die Unterstützung des Dorfes verlassen. Dazu gehörten unteranderem die Organisation von Transport und Verpflegung bei Spielen oder Ausflügen. Bei einer so guten Arbeitsatmosphäre und diesem engen Verhälnis zum Projekt war es noch schwerer Abschied zu nehmen. Von allen Projekten war die Zusammenarbeit mit den Kindern im SOS-Dorf am engsten. Viele der Kinder sind Waisen und eigentlich alle sind ohne leibliche Eltern aufgewachsen. Die Aufmerksamkeit und Zuwendung, die die Kinder brauchen, ist höher als in anderen Projekten. Deutlich wurde das während unserer letzten Trainingseinheit einen Tag vor Ausreise, als einige der jüngeren Spieler anfingen zu weinen. Das hat einen dann schon sehr berührt und gleichzeitig gezeigt, wie eng ein Verhältnis in einem Jahr werden kann.

Mein zweites Fußballprojekt in Mukuni, welches schon in der ersten Hälfte des Jahres eine Achterbahnfahrt erlebt hatte, sollte auch während der letzten Monate einige Veränderungen erfahren. Meiner Meinung nach gehörte Mukuni stets zu einem der schönsten Orte in und bei Livingstone und auch die Projektarbeit bereitete mir von Anfang an Spaß. Und obwohl die Kinder immer sehr displiniert und motiviert waren, gab es dennoch aus unterschiedlichen Gründen Probleme, die letztendlich zur Beendigung der Zusammenarbeit zwischen dem Projekt und Freiwilligen des ASC führten. Zu diesen Gründen gehören in erster Linie die relativ weite Anfahrt, die schlechte Organisation der Projektpartner (in diesem Fall die beiden Südafrikaner, mit denen ich das Training zusammen leitete) und meine zeitliche Begrenzung durch andere Projekte. Unter diesen Umständen konnte ich nie wirklich ein richtig gutes Verhältnis zu diesem Projekt entwickeln, wie ich es zum Beispiel bei SOS getan habe oder wie mein Vorgänger Lucas es in Mukuni getan hatte.

Es ist eigentlich schade, ein Projekt wie Mukuni, das so viel Potenzial hat, fallen zu lassen, aber aus den genannten Gründen ist es schwer das Projekt vernünftig zu strukturieren und zu organisieren. Damit das Fußballtraining trotzdem sinnvoll und regelmäßig weitergeführt wird, habe ich mir bereits Anfang 2017 einen weiteren Trainer dazugeholt, der meiner Meinung nach mehr Verantwortung übernehmen kann als die beiden Südafrikaner und auch nicht einfach das Training ausfallen lässt, nur weil er gerade keine Lust hat. Das Projekt wird somit weiterlaufen, auch wenn der ASC keine Funktion mehr hat. Außerdem finde ich, dass diese Maßnahme eine größere Zukunft hat, da nun das Projekt von jemandem geleitet wird, der nicht nach einem Jahr geht, dieselbe Sprache wie die Kinder spricht und im gleichen Dorf lebt.

Der Abschied von meinen Mitbewohnern, allen Freunden vor Ort, Projekten und der Stadt Livingstone fiel mir erstaunlich leicht und bisher habe ich auch noch keine große Sehnsucht zurückzugehen. Als wir ausreisten, fühlte es sich auch nicht wie Abschied oder das Ende an. Noch am Abend zuvor leiteten Niklas und ich das letzte Fußballtraining und ich war noch so in meiner Rolle als weltwärts-Freiwilliger, dass sich die Ausreise wie eine Reise in den Urlaub anfühlte. Dennoch werde ich das Jahr immer in schöner Erinnerung behalten, denn die Erfahrungen und Erlebnisse, die ich gemacht habe, möchte ich gegen nichts in der Welt eintauschen. Ich bin kein anderer Mensch geworden, ich habe nicht mal meine Studienpläne verworfen, aber das Bewusstsein für bestimmte Dinge und auch die Perspektiven, die man in einem Land wie Sambia bekommt, sind einmalig und so wertvoll, dass ich am liebsten direkt das nächste weltwärts Jahr dranhängen würde.

 

Wenn ihr gerne weiterhin erfahren möchtet, was in den Projekten in Livingstone passiert, schaut auf den Blogs meiner Nachfolger vorbei.

 

Simoonga und Tongabezi: - www.janolafinsambia.jimdo.com
                                           -
www.hanna-in-sambia.buli-kmpkt.de
Linda South, SOS, Acacia: -
www.meinjahrinsambia.wordpress.com
                                           - www.sophiainsambia.wordpress.com
                                           - www.michelleinsambia.wordpress.com